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  TinTin - Ein Elfenmärchen 24.11.2024 06:10 (UTC)
   
 

Tin - Tin

 

Ein Elfenmärchen

 

Das Bild unterliegt dem copyright by Christina Albert, Text by Bianka Wolf

ein Bild

 

 

Für Kinder und solche die das Kind in sich noch spüren !!!

 

Dieses Märchen widme ich all denjenigen, die den Glanz des Herzens noch in den Augen haben, und noch an die Macht der Träume glauben.

 

 

 

1

 

Es war zu einer Zeit, als es weder Krieg, noch Hass, noch irgend etwas anderes Böses gab.

Jeden Tag ging ganz früh die Sonne auf, und spendete allem Leben Energie, durch ihr warmes, strahlendes Licht.

Nachts leuchteten der Mond und die Sterne ganz hell.

Viel, viel heller, als wir es uns vorstellen können.

Die Luft war so klar.

Der Himmel und das Meer in den leuchtendsten Blautönen.

Nachts sah es aus als würden die Sterne im Meer mit den Seejungfrauen tanzen.

Am Tage reflektierte das Wasser jeden einzelnen Strahl der Sonne wieder.

Im Sommer war die Erde saftig grün, und die Blumen blühten in so leuchtenden, bunten Farben, wie wir es uns noch nicht einmal in unseren schönsten Träumen ausmalen könnten.

Die Erde war von einem goldigen Antlitz.

Jeden Tag lag Glockenklang in der Luft, der vom Wind in alle Richtungen getragen wurde.

Zusammen mit den Sternenstaub Elfen.

Denn der Glockenklang und der goldige Sternenstaub stammten von den kleinen Elfen. Sie trugen ein Kettchen mit ganz winzigen Glöckchen um den Knöchel.

Daher kam diese wundervolle Musik, die alle Herzen verzauberte. Denn die Elfen waren überall zugegen.

Sie tanzten fast jede Winternacht, um genug Sternenstaub für den nächsten Sommer zu sammeln.

Wenn es im Winter schneite, und der Wind den Staub von den Sternen auf die Erde blies, feierten sie ihre schönsten Feste.

Sie tanzten Nachts den Wintertanz, und fingen so den Sternenstaub auf. Er blieb nur an ihren Flügeln hängen, denn dort klebte noch der Honig, der von den Blühten des Sommers stammte. Und wenn sie dann so durch die Lüfte tanzten, um den Sternenstaub zu sammeln, lag eine ganz besonders schöne Melodie in der Luft.

Mann darf sich den Sommer und den Winter aber nicht so vorstellen, wie wir es kennen, nein, nein.

Es war keinesfalls so kalt wie bei uns, und wie gesagt, der Schnee war goldener Staub von den Sternen. Die Blumen blühten auch im Winter. Nun mischten sie den Sternenstaub unter ihre Farben, damit im nächsten Sommer die Blumen, die aus ihren Samen wuchsen, in noch glänzenderen bunten Farben erblühen konnten.

Und dadurch, dass die Elfen bei jedem Flug Ihren Sternenstaub in der Luft zerstäubten, lag immer ein goldener Schleier über der Erde.

Alle Wesen lebten in Harmonie und Frieden miteinander.

...

Die Welt war wie im Traum?

Oder war das alles nur ein Traum?

Vielleicht der Traum eines Menschen, der noch träumen konnte?

Viel zu schnell verging die Zeit.

Die Menschen hörten plötzlich auf zu träumen, und sie hörten auf zu glauben.

Denn an was soll ein Mensch noch glauben, wenn er die Gabe zu träumen verloren hat?

Von Elfen, Feen, Gnomen und Trollen wollten sie bald nichts mehr wissen.

Und irgendwann versuchten sie sogar, sich die Tiere zu Untertanen zu machen. Sie sperrten sie in Käfigen, oder ließen sie für sich arbeiten.

Die Welt, die bisher immer allen Wesen zugleich gehörte, diese wunderbare Welt, zerteilte sich plötzlich.

Die Welt der Menschen wurde immer grauer und grauer. Die Farben verblassten von Tag zu Tag mehr. Alles wurde furchtbar kalt. Selbst der Sternenstaub erstarrte auf dem Weg zur Erde zu Eis und Schnee.

Den Menschen schien das aber gar nichts aus zu machen. Sie hatten plötzlich ganz neue Gefühle. Neid, Gier und Eifersucht. Hass, Trauer und sogar der Tod suchte die Menschen heim. Niemand der anderen Wesen wusste was mit den Menschen geschehen war. Sie waren ratlos. Und das war für sie auch ein ganz neues Gefühl.

Es war das erste mal, dass sie auf etwas keine Antwort wussten. Gerade noch träumten die Menschen mit den Elfen auf einer grünen Sommerwiese, oder tanzten mit den bunten Schmetterlingen der Abendröte entgegen. . .

Und jetzt?

Die anderen Wesen glaubten die Menschen seien von einer schweren Krankheit befallen. Oder ein böser Zauber läge auf ihnen. Man hielt derart scheußliche Dinge zwar für üble Märchen, aber man fand sonst keinerlei Erklärung für das, was mit den Menschen vorging.

Nicht einmal der weise Gnom Nenork wusste was geschehen war.

Die Welt der Menschen wurde immer dunkler, und mit der Zeit legte sich ein grauer Schleier auf ihre Augen.

Da kein Versuch gelang, die Menschen wieder zu ihrem Glück zurückzuführen, hielten sich die anderen Wesen von ihnen fern. Die Welt wurde in Zwei geteilt. Mit der Zeit vergaßen sie sich gegenseitig sogar ganz.

 

2

"Nenork, Nenork!" Eine kleine Elfe flog ganz aufgeregt um den Kopf des alten Gnomes, der gerade damit beschäftigt war, sich einen Kräutertee zu brauen. " Ich habe etwas ganz merkwürdiges gesehen. Eine Fee, eine wunderschöne Fee. Aber stell dir nur vor, sie hatte keine Flügel. Und Ihre Augen . . . Ihre Augen waren wie eine Quelle. Ganz viel Wasser lief aus ihren Augen. So viel, das sie mich nicht einmal mehr sehen konnte. " Die kleine Elfe flog auf und nieder und wedelte wild mit den Armen.

Das knorrige Gesicht des alten Nenork wurde blass, und seine sowieso schon viel zu großen Augen schauten jetzt wie zwei riesige Bälle auf die kleine Elfe. Langsam setzte er sich auf die Baumwurzel, die so etwas wie eine Bank darstellte.

" Du lieber Himmel, Tin - Tin, wo bist Du gewesen?" Kopfschüttelnd schlug er die Hände vors Gesicht. "Du sollst doch nicht so weit hinaus fliegen. Kannst du denn nie auf das hören, was die Feen euch lehren?"

"Aber ...aber. . . " stammelte die kleine Elfe. "Aber das war gar nicht meine Schuld. Dieser Schmetterling... wir flogen um die Wette, und da saß sie plötzlich, diese wunderschöne Fee... und ganz viel Wasser floss aus ihren Augen."

Immer noch flog Tin - Tin ganz aufgeregt um den Gnom herum. Dieser streckte nun die Hand aus, und gab ihr so zu verstehen, das sie sich setzten solle. Es machte ihn ziemlich nervös, das sie so um seinen Kopf herumschwirrte.

Als Nenork ihr ein fingerhütchengrosses Gefäß mit frischem Kräutertee anbot wurde Tin - Tin etwas ruhiger.

Sie erzählte nun, das sie mit dem Schmetterling um die Wette flog, und dabei ganz vergaß, das sie schon sehr weit weg war. Am Ende des Sonnenblumenfeldes, dort wo der Wald anfängt, habe sie dann diese Entdeckung gemacht. Dort saß also eine Fee, ohne Flügel, und das Wasser floss aus ihren Augen.

Während Tin - Tin alles erzählte, schwirrte sie wieder um Nenorks Kopf herum. Sie war so aufgeregt, weil sie so ein Wesen noch nie gesehen hatte. Nenork saß einfach nur da. Er wünschte sich ins Geheim Tin - Tin hätte etwas von seiner Ruhe und wäre nicht so überdreht. Aber so war sie nun mal. Einfach nicht zu bremsen.

"Und, hast Du mit ihr gesprochen?" fragte Nenork ganz ruhig.

"Nein, sie konnte mich nicht sehen. Bestimmt weil soviel Wasser aus ihren Augen kam. Aber ich glaube, sie konnte mich auch nicht hören. Sie reagierte überhaupt nicht, als ich sie ansprach. Ich wollte ihr helfen, aber sie villeicht wollte sie nichts mit mir zu tun haben. Und der Schmetterling wollte schnell wieder weg. Ich glaube er weiß was mit dieser Fee los ist, aber wollte es mir nicht erzählen. Und Nenork, kannst du mir sagen was mit dieser Fee geschen ist?"

Tin - Tin stand nun auf den Zehenspitzen, auf Nenorks Knie und putzte sich verlegen die Fühler.

"Schon gut, ich werde dir ja alles erklären. Aber setzt dich erst mal ruhig hin, und hör gut zu, denn was du heute gesehen hast, ist eine uralte Geschichte, die die meisten hier schon längst vergessen haben. Und es könne sein, das du es nicht verstehst. Also höre genau zu!"

Als sie es sich jetzt wieder auf seiner großen, rauen Hand bequem machte, erzählte Nenork der kleinen Elfe eine Geschichte, die Tin - Tins Leben noch sehr verändern sollte.

Er erklärte der kleinen Elfe, das es keine Fee war, was sie gesehen hatte, sondern ein Mensch. Der Vergleich mit einer Fee, kommt zwar Äußerlich schon hin, aber die Seelen dieser beiden Wesen sind sehr verschieden. Er erzählte von längst vergangenen Zeiten, und das diese Erde aus zwei verschiedenen Welten besteht.

Er sprach darüber, wie die Menschen damals mit den anderen Wesen zusammenlebten, und wie der Glanz allmählich aus ihren Augen verschwand. Er selbst habe seit Hunderten von Jahren keinen Menschen mehr mit leuchtenden, klaren, lebendigen Augen gesehen.

Nun erfuhr Tin - Tin auch den Grund, warum Nenork außerhalb des Dorfes lebte. Es war bekannt, das er ein sehr weiser Gnom war, der durch seine Meditationen zu noch mehr Weisheit gelangt. Aber nie sprach man darüber, das er sich eine Aufgabe gestellt hatte.

Er wollte herausfinden, was damals mit den Menschen geschehen war. Er wolte eine Erklärung finden. Wollte am liebsten die zerrissenen Welten wieder zusammenfügen.

Nun schämte er sich ein wenig, der kleinen Elfe gegenüber zugeben zu müssen, das ihm das bis heute nicht gelungen war. Hunderte von Jahren beschäftige er sich nun schon damit. Doch er fand nicht den Grund, für diese Veränderung. Nicht einmal mit Hilfe des Berggeistes Unyx.

Die beiden redeten lange - längst funkelten die Sterne am Himmel - denn Nenork hatte so seine liebe Mühe, Worte wie Tränen, oder Schmerz einer Elfe zu erklären.

Und Tin - Tin war eine sehr aufgeweckte Elfe, die alles ganz genau wissen wollte.

"So, Tin - Tin, jetzt weißt du alles über die Menschen. Halte dich von ihnen fern. Sie können Dich sowieso nicht sehen. Wir bedeuten ihnen nichts mehr. Was soll man sich überhaupt Gedanken machen um Wesen, die nicht einmal mehr wissen, das wir existieren. Und nun wird es höchste Zeit für dich. Fliege zu deiner Schlafblüte. Es ist spät geworden. Das Beste wird sein, du vergißt die Menschen."

Nenork lehnt sich an seinem Baum und schloß die Augen.

Tin - Tin wusste, das es jetzt Zeit war zu gehen. Denn wenn Nenork seine Augen schloss, hatte man keine Chance mehr noch ein Wort aus ihm raus zu kitzeln. Er konnte tagelang mit geschlossenen Augen dasitzen und meditieren. In der Zeit brauchte er weder essen, noch trinken.

Es war auch wirklich sehr spät geworden.

Sie nahm sich vor, nochmals zu versuchen Nenork auf die Menschen anzusprechen.

Diesmal würde sie ihn ein kleines Geschenk mitbringen, denn für diese Geschichte hatte er sich ein besonderes Geschenk verdient. Hierzulande beschenkte man seine Geschichtenerzähler. Tin - Tin freute sich auch schon sehr darauf ihren Freunden von der Geschichte zu erzählen.

Als sie endlich in ihrer Schlafblüte war, und es sich in ihren Blättern gemütlich machte, war sie immer noch sehr durcheinander von den Dingen, die sie gehört und gesehen hatte. Nenorks Worte hallten noch lange nach, ehe sie in einen tiefen, tiefen Schlaf fiel.

Und so kam es, das zum ersten mal nach langer Zeit, eine Elfe von einem Menschen träumte.

 

3

Die ersten Sonnenstrahlen erwärmten gerade die Erde, und die ersten Vögel zwitscherten vergnügt ein Lied, als Tin - Tin erwachte. Sie war noch ganz benommen, von den wirren Traum. Sie rieb sich den Schlaf aus den Augen, und begrüßte den neuen Tag. Es war ein wundervoller warmer Sommermorgen. Alle Pflanzen reckten sich der Sonne entgegen. Morgentau lag noch auf der Wiese, und funkelte wie Perlen auf grünem Samt. Mit einigen Tropfen, die sich in einem Blatt ihrer Schlaffblume gesammelt hatten, wusch sie sich ihr Gesicht. Einige Schmetterlinge, die auch zu den Frühaufstehern gehörten flogen an ihr vorüber. Einer von den ganz witzigen Sorten flog direkt auf Tin - Tin zu, und wollte sie ärgern, indem er unter das nasse Blatt huschte und ihr das Wasser über ihren kleinen Elfenkörper schüttete. Schon war Tin - Tin von oben bis unten nass. Eine regelrechte Wasserschlacht begann. Die beiden tobten und lachten, das schon bald sämtliche Schlafblüten der andere Elfen aufgingen. Denn die Elfen erwachten immer gleichzeitig mit ihren Blüten.
...


 

4

Am nächsten Morgen stand Tin - Tin sehr spät auf.

Die Sonne stand hoch am Himmel, und ihre Schlafblume war längst aufgegangen. Immer wider drehte sie der Sonne den Rücken zu, und verdeckte mit ihren Flügeln ihr Gesicht. Sie hätte zu gerne noch eine Weile weiter geträumt, doch das helle Sonnenlicht malte bunte Flecken unter ihre Lidern.

Sie flog rauf zum Regenbogenberg. Hierher kam sie manchmal um nachzudenken. Von hier oben konnte man die Welt in ihrer ganzen wunderschönen Vielfalt sehen. Der See funkelte, und alle Blumen leuchteten. Einige Elfen waren unten am See, und badeten. Leider konnte Tin - Tin nicht erkennen, ob ihre beiden besten Freunde auch dabei waren. Sie legte sich zwischen die Grashalme, und beobachtete, wie zwei Eichhörnchen miteinander kuschelten. Sie war ganz in Gedanken versunken, als plötzlich Mischou und Mao neben ihr auftauchten, und sie von ihren Schatten getroffen wurde. "Wir wussten, das wir dich hier finden würden. Also gut, du hast gewonnen! Zeig uns so eine Fee ohne Flügel, und wir werden sehen, ob sie uns wirklich nicht sehen kann." Mao stand mit einem dicken Grinsen im Gesicht vor ihr. Mischou stand direkt dahinter, und machte eher einen ungläubigen Eindruck. Tin - Tin war sofort begeistert aufgesprungen. "Na gut! Von mir aus sofort. Fliegen wir raus und suchen uns einen Menschen. Ihr werdet staunen. Los, kommt mit!" Sie drehte vor Freude einige Spiruetten in der Luft und sauste auch schon los. Mao folgte ihr in gleichem Tempo nach. Nur Mischou flog etwas langsamer hinterher. Ihr war irgendwie nicht wohl bei der ganzen Sache. Schon als Mao am Morgen diesen Vorschlag machte, hatte sie ein merkwürdiges Gefühl im Bauch, was sie bis dahin noch nicht kannte. Doch das wollte sie ihren Freunden noch nicht mitteilen. Die Lehrfeen sagten immer, was man nicht ganz klar fühlt, soll man nicht in unklare Aussagen fassen. Und dran wollte Mischou sich vorerst auch halten. Außerdem freute sie sich immer sehr wenn sie mit Tin - Tin und Mao zusammen war. Es war immer lustig, und einfach zu süß, wenn die beiden plötzlich bemerkten, wie sehr sie sich lieb hatten. Besonders Tin-Tins Gesichtsausdruck, den sie bei jeder netten Geste von Mao bekam, war herzzerreißend. Und so dachte Mischou schon bald nicht mehr an ihr merkwürdiges Gefühl, sondern erfreute sich an den gemeinsamen Ausflug.

Sie waren schon sehr weit geflogen, denn der Weg zu den Menschen war weit. Irgendwann legten sie eine Rast ein, um den köstlichen Nektar der Bieblumen zu trinken, die hier auf einer großen Wiese zu Tausenden blühten. Es war einer der köstlichsten Nektar den sie kannten. Zwischen den Bieblumen standen einige Königsrosen, in vielen unterschiedlichen Farben. Tin - Tin pflückte sich ein Blätter, um sich daraus geschwind ein neues Kleid zu machen. Auch Mischou steckte sich einige Blätter an. "Oh, jetzt seht ihr zwei fast ebenso schön aus, wie die Königsrosen." bemerkte Mao. Tin - Tin wurde wider rot, und Mischou bemerkte etwas neckisch, das er und die anderen Jungen auch ruhig mal etwas Ausgefalleneres als ihre grüne Kleidung tragen könnten. Ja, die Sache mit der Mode gab es wohl auch damals schon!

Die Reise der kleinen Elfen führte noch über einige sonnengelbe Kornfelder, und vorbei an einem dichten Wald.

Endlich hielte Tin - Tin inne. Sie waren jetzt an dem Ort, wo sie zum ersten mal einen Menschen gesehen hatte. Außer Atem von den anstrengendem Flug ließen sie sich ins Gras fallen. Hier war also die Stelle. Doch hier war nirgendwo ein Mensch zu sehen. Tin - Tin und Mao flogen so hoch sie konnten, um die Umgebung zu besichtigen, doch so weit das Auge sah, war hier nicht ein Mensch zu finden. Sie beschlossen noch weiter zu fliegen. Die Sonne neigte sich bereits dem Horizont zu. Viel Zeit würde ihnen nicht mehr bleiben, wenn sie vor Sonnenuntergang zurück sein wollten.

Sie flogen schon wieder eine ganze Weile weiter, als sie auf einmal aus weiter Ferne Stimmen und Lachen vernahmen. Ein kleiner See lag vor ihnen. Und da, am anderen Ufer waren sie, die Menschen!

Mischou versteckte sich vor Schreck zwischen dem hohen Gräsern. Mao flog aufgeregt auf und ab. Nur Tin - Tin setzte sich ganz gemütlich auf eine Blume, und freute sich riesig. Es waren sogar mehrere Menschen dort. Die drei Elfen hüpften auf eine der vorbeischwimmenden Seerosen. Tin - Tin begann zu berichten, was sie schon vom weisen Nenork erfahren hatte. "Schaut, die beiden, die dort auf dem Steg sitzen, sind Menschenkinder. Die beiden anderen da hinten, auf der Decke, sind große, ausgewachsene Menschen, Nur das Wasser welches ihnen aus den Augen läuft kann ich nicht sehen. Aber Nenork sagt, das Wasser läuft auch nur dann aus ihren Augen, wenn sie Schmerzen in ihrem Herzen haben." Was genau dies bedeutet, konnten Elfen aber nicht wissen. Tin - Tin kam sich jetzt richtig wichtig vor, und war erfüllt von Stolz, das sie die Menschen wiedergefunden hatte. Maos Augen funkelten wie zwei Sterne. " Warum fliegen wir nicht zu ihnen hinüber?!" Er war so aufgedreht, und hüpfte von einem Bein auf das andere, das die drei von seinem Sternenstaub, was er dadurch verlor, schon eingenebelt waren. Die Seerose, auf die sie standen, schwankte schon in großen Wellen. Er hielt es nicht mehr aus. Noch bevor Tin - Tin etwas antworten konnte, schwirrte er auch schon zu den beiden Menschenkindern rüber.

Mischou bekam wieder dieses flaue Gefühl im Bauch. Doch als sie sah, das Mao sich von hinten an die Menschenkinder heranschlich, und dann blitzschnell an ihren Gesichtern vorbei flog, und absolut nichts passierte, war sie sehr erstaunt.

"Nun komm schon Mischou! Siehst du, sie sehen uns nicht!" sagte Tin - Tin, und nahm ihre Freundin an die Hand. Sie zerrte sie hinter sich her zum anderen Ufer. Nun flogen alle drei Elfen um die Köpfe der Menschenkinder. Direkt vor ihren Nasen. Sie setzten sich sogar auf ihre Schulter, um auf sich aufmerksam zu machen. Doch diese beiden Menschenkinder schienen sie nicht zu bemerken. Sie saßen nur da, und ließen ihre Füße ins Wasser baumeln. Nur einmal, für einen winzigen Augenblick, schien einer der beiden irgend etwas bemerkt zu haben. Tin - Tin kitzelte ihm am Ohr, und er kam mit seiner großen Hand an diese Stelle, machte eine winkende Handbewegung und kratze sich dort. Tin - Tins Herz raste vor Aufregung. Doch weiter geschah nichts, Als einer der großen Menschen von der Decke aus etwas laut rief, standen die beiden Menschenkinder auf, und gingen einfach zusammen weg.

Zurück blieben drei völlig verwirrte Elfen.

...

Alle anderen Wesen hatte sich versammelt um Ihnen viel Glück zu wünschen und um sich zu verabschieden. Die Neuigkeit verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Nun wusste ein jeder, das alles, was sie zuvor für ein Märchen hielten die Wirklichkeit war. Eine der anderen Elfen überreichte Tin - Tin erst noch einen Stein. Einen sehr seltenen Stein. Er war rund, und wundervoll anzusehen. Er war tief schwarz und hatte ganz viele goldene winzige Punkte. Sie überreichte ihn ihr, damit er ihnen allen dreien Glück bringen sollte auf ihrem langen Weg, und als Zeichen der Dankbarkeit für diese phantastische Geschichte.
Tin - Tin freute sich sehr. Es war wirklich einer der seltensten und wertvollsten Stein die es gab. Man sagte dieser Stein verkörperte das Universum. Sie versprach allen den Ausgang der Geschichte ganz genau zu berichten, sobald die drei wieder Zuhause seien. Dann endlich flogen sie los, zu dem wohl größten Abenteuer, den je eine Elfe gewagt hatte.
Sie flogen über große Wiesen, auf denen abertausende von bunten Blumen waren. Die drei Freunde lachten fröhlich und waren voller Abenteuerlust. Und als die Sterne schon lange goldig leuchtend am Himmel standen, konnte man ihren lieblichen Glöckchenklang immer noch weit hören. In dieser Nacht schliefen sie nicht behütet in einer Blüte, sondern einfach mitten im grünen Gras.
Und Unyx konnte sie sehen.

"Tin - Tin?" fragte Mischou am nächsten Tag, als sie schon wieder seit einiger Zeit geflogen waren "glaubst Du wir werden unter all den ungläubigen, traumlosen Menschen, die es da draußen geben soll, wirklich einen finden, der uns sehen kann?" "Aber ja. Schau nur da hinten ist eines dieser Häuser, in denen die Menschen leben. Lasst uns testen ob sie uns sehen können." Tin - Tin schwirrte davon. Mischou und Mao folgten ihr dicht hinterher. Sie kamen an einen Bauernhof mit vielen Tieren. Und dort waren auch die Menschen. Zwei Erwachsene und drei Menschenkinder. Die drei Elfen flogen in das Haus und versuchten alles um auf sich Aufmerksam zu machen. Tin - Tin setzte sich sogar auf den Kopf des blondgelockten Menschenkindes. Sie riefen laut und winkten. Doch nichts passierte. Ein Fenster stand offen, und ein Schmetterling flog in den Raum. Da geschah etwas, was die drei Elfen sehr verwunderte. Das Blondgelockte Menschenkind krabbelte hinter dem Schmetterling her. "Sieh nur!" rief Tin - Tin ihren Freunden zu. "Es kann ihn sehen."
Plötzlich und ohne eine Vorwarnung schlug das Menschenkind mit beiden Fäusten auf den Boden. Es brüllte laut, und da kam Wasser aus seinen Augen. Zum erstenmal sahen auch Mischou und Mao das, was die Menschen Tränen nannten. Das Kind war wütend darüber, das der Schmetterling schneller war, und wegflog. Da kam die Mutter und tröstete ihr Kind. Der Schmetterling flog auf die drei Elfen zu. "Kommt schneller!" schrie der Schmetterling und seine Stimme überschlug sich. "Raus hier!" Die drei Elfen folgten dem Schmetterling ins Freie. Die Elfen verstanden nicht, was er hatte, aber sie folgten ihm durch das Fenster. Er flog auf einen hohen Baum und musterte die drei skeptisch. "Was macht ihr hier?" fragte er sie außer Atem. "Soweit draußen habe ich Elfen noch nie gesehen." Sorgfältig putzte er seine Fühler. "Wir suchen einen Menschen. Einen, der uns sehen kann." antwortete Tin - Tin. Der Schmetterling lachte lauf auf. "Seit lieber froh, das sie euch nicht sehen können." begann der Schmetterlingseine Rede " wisst ihr denn nicht, das Menschen böse, grausame Wesen sind? Wenn sie euch sehen, werden sie euch fangen und euch mit einer Nadel durchbohren." Die Drei Elfen sahen ihn mit großen, entsetzen und ungläubigen Augen an. "Alles, was ihnen gefällt wollen sie besitzen", fuhr der Schmetterling fort "Sie jagen uns erst über die Wiesen, und wenn wir völlig außer Atem sind, schmeißen sie ein Netz über uns und sperren uns in ein Glas. Sie nehmen uns mit nach Hause und durchbohren uns mit Nadeln. Millionen Schmetterlinge sind schon gestorben und das nur, damit die Menschen uns in ihren Schaukästen an den Wänden beschauen können." Die drei Freunde verstanden es nicht. "Aber sie können euch doch auch so sehen. Sie brauchten euch doch nicht zu töten." bemerkte Tin - Tin "wie konnten die Menschen nur so grausam sein?" Den drei Elfen wurde es schwer ums Herz. Sie hatten jetzt mit neuen Gefühlen zu kämpfen. Trauer um die getöteten Schmetterling. Wut, aber auch Angst waren auf einmal in ihnen. Angst vor den grausamen Dingen die die Menschen taten. Tin - Tin versprach dem Schmetterling alle seine Artgenossen zu retten, wenn sie auf ihrer Reise, solche Schaukästen sehen würden. Als sie sich verabschiedeten, wünschte ihnen der Schmetterling viel Erfolg. Tin - Tin schenkte ihm einen kleinen Beutel mit Sternenstaub. Damit könnte er Schmetterlinge, die durch Menschenhand gestorben waren, wieder zu neuem Leben erwecken. Dann trennten sie sich.</p>

Als sie einige Meter gelaufen waren, blieb Mischou stehen und aß etwas Honig von einer Blume, die dort am Wegesrand stand. "Ich habe Heimweh"; sagte sie leise. Mao und Tin - Tin schauten sie erstaunt an. "Die anderen Elfen sind jetzt glücklich und vergnügt. Mir tut das Herz weh. Hätten wie diese Menschen doch vergessen. Sie bringen nur Unglück". Auch Maos Blick war betrübt. "Was wir empfinden, sind Gefühle der Menschen, Mischou." erklärte Tin - Tin ihren Freunden. "Wir sind schon so weit gegangen, las uns nicht allein. Alles wird gut. Du wirst sehen." redete Tin - Tin weiter auf Mischou ein. Um diese Gefühle, die so weh taten zu überwinden, beschlossen die drei Freunde erst einmal einige Zeit zu entspannen und an einem See schwimmen zu gehen. Das taten sie. Es dauerte gar nicht lange, dann war die Traurigkeit vergangen, und die drei Elfen spielten mit dem Wind. Sie flogen immer weiter und weiter und amüsierten sich zwischendurch sogar köstlich. Es machte ihnen wieder Spaß gemeinsam dieses Abenteuer zu bestehen. Und weit weg, sah der Berggeist Unyx zufrieden zu.</p>
<p>Sie waren schon mehrer Tage unterwegs, als graue Rauchwolken am Horizont zu sehen waren. Sie beschlossen sich die Sache einmal näher anzusehen. Die Luft wurde dicker und es wurde laut. Riesengroße Häuser standen dort, und die Elfen sahen zum erstenmal, das, was wir unter Autos, Motorräder und Züge kennen. Die drei flogen auf ein hohes Haus und bestaunten alles, was es da unten zu sehen gab. Und wie viele Menschen es hier gab. "Hier werden wir einen finden." sagte Tin - Tin voller Übermut. "Einen Menschen, der uns sieht. Einen der noch Träume hat. Schnell lasst uns herunterfliegen." Im Sturzflug flog Tin - Tin in die Menschenmenge. Hunderte Menschen gingen durch die Straßen. Tin - Tin flog vor ihren Gesichtern umher. Landete auf ihren Hüten und auf den Nasen. Sah Menschen mit langen, kurzen - und ohne Haare. Alte, junge, große, kleine, dicke und dünnen Menschen. Aber niemand, wirklich niemand schien sie zu bemerken!

Als sie sich von einer Laterne aus nach ihren Freunden umsah, konnte sie sie nicht entdecken. Da war plötzlich wieder dieses Gefühl. Ihr Herz. Es klopfte wie verrückt. Da war die Angst. Die pure Angst! Wo waren jetzt nur Mischou und Mao? Tin - Tin flog hoch in die Luft, Sternenstaub fiel ihr in langen Bahnen in allen Himmelsrichtungen vom Schweif. Sie rief immer wieder die Namen der beiden Freunde. Wie eine Ewigkeit kam es ihr vor. Zeit und Raum blieben für sie stehen, so schien es, und doch fand sie ihre Freunde nicht. Sie glaubte stundenlang umhergeflogen zu sein um Mischou und Mao zu finden. Sie suchte überall, doch sie fand nichts. Sie flog auf einen hohen Kastanienbaum zu. Voller Erschöpfung und Verzweiflung ließ sie sich auf einem Blatt des Baumes fallen. Ihr Herz drohte zu zerreisen. Es klopfte und raste, hämmerte so laut, das eigentlich die ganze Welt es hätte hören müssen. Und sie bemerkte auf einmal noch etwas merkwürdiges. Ihre Augen wurden so komisch feucht. Wie Perlen rollten plötzlich zwei Tränen über ihre Wange und zersprangen mit einem feinen Klirren auf ihrem Finger.
Sie hatte Tränen in den Augen!
Tränen wie die Menschen. Um so mehr sie sich mit den Menschen beschäftigte, um so mehr ähnelte sie ihnen. All diese Gefühle, die ihre Seele quälte. Und jetzt auch noch diese Tränen! Und wo waren Mao und Mischou, ihre geliebten Freunde?
Sie fühlte sich zu Tode betrübt und war völlig erschöpft. Sie kämpfte gegen die Müdigkeit an. Kaum waren ihr die Augen zugefallen, da erwachte sie schon wieder fröstelnd.

...

Nun möchtest Du wissen, ob Tin - Tin ihre Freunde wieder findet? Was sie in der großen Stadt der Menschen für Abenteuer erlebt?
Und ob sie Menschen findet, die an Elfen glauben und sie sehen können?
Werden die Elfen wieder nach hause finden? Werden die Welten wieder vereint?

Dann kaufe das Buch!

Alle Rechte vorbehalten!
Copyright by Bianka Wolf! 
Cover by C. Albert
Autor: Bianka Wolf. 1994 - 2007




 
 
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